COVID-19-Pandemie und Gesellschaftsrecht/Umwandlungsrecht

– Erleichterungen für Gesellschafterversammlungen und Fristverlängerung –

Viele Gesellschaften stehen aktuell vor dem Problem, dass aufgrund der Corona-Pandemie Gesellschafterversammlungen aufgrund der bestehenden Versammlungsverbote nicht zulässig oder zumindest zur Vermeidung von Infizierungen nicht angezeigt sind, der Gesellschaftsvertrag aber keine ausreichenden Regelungen für präsenzlose Versammlungen und Beschlüsse enthält.

Um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaften zu erhalten, hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht auch hier Erleichterungen geschaffen.

 

Gesellschafterversammlungen von GmbHs

Bei GmbHs können Beschlüsse der Gesellschafter nunmehr in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden.

 

Hauptversammlungen der AG, KGaA, SE und VVaG

Der Vorstand einer Aktiengesellschaft kann die Teilnahme von Aktionären und Aufsichtsratsmitgliedern sowie die Stimmabgabe im Wege elektronischer Kommunikation und die Zulassung der Bild- und Tonübertragung der Hauptversammlung aufgrund der Gesetzesänderung nunmehr auch ohne eine Ermächtigung durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung zulassen. Weiter kann der Vorstand entscheiden, dass die Hauptversammlung gänzlich ohne physische Präsenz der Aktionäre als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem kann die Einberufungsfrist für die Hauptversammlung auf 21 Tage abgekürzt werden. Gleichzeitig ist die Frist für die Durchführung der Hauptversammlung auf das gesamte Geschäftsjahr ausgedehnt worden. Schließlich kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung, einen Abschlag auf den Bilanzgewinn an die Aktionäre zahlen

Hierbei ist zu beachten, dass sämtliche der vorgenannten Entscheidungen des Vorstands der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen, wobei dieser Zustimmungsbeschluss wiederum ohne physische Anwesenheit der Aufsichtsratsmitglieder schriftlich, fernmündlich oder in vergleichbarer Weise gefasst werden kann.

Die vorstehenden Regelungen geltend entsprechend für KGaAs und VVaGs.

 

Personengesellschaften (GbR, OHG, KG, GmbH & Co. KG)

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sieht keinerlei Erleichterungen für die Durchführung von Gesellschafterversammlungen bei Personengesellschaften vor. Auch bei diesen fehlt jedoch – gerade wenn es sich um ältere Gesellschaftsverträge handelt – oftmals eine ausdrückliche Regelung zur Durchführung von Gesellschafterversammlungen ohne physische Präsenz.

Sofern die Gesellschaft jedoch nur über einen überschaubaren Gesellschafterkreis verfügt, ist es auch ohne ausdrückliche Grundlage im Gesellschaftsvertag möglich, Gesellschafterbeschlüsse im schriftlichen Verfahren oder über elektronische Medien zu fassen. Voraussetzung ist allerdings, dass sämtliche Gesellschafter an der Beschlussfassung mitwirken.

Für sog. Publikumsgesellschaften in der Rechtsform einer Personengesellschaft bleibt es freilich dabei, dass diese vor ähnlichen Problemen wir GmbHs und Aktiengesellschaften stehen, es für diese aber keine Erleichterungen gibt, so dass Gesellschafterbeschlüsse aktuell nur gefasst werden können, wenn eine ausreichende gesellschaftsvertragliche Grundlage für präsenzlose Beschlussfassungen vorhanden ist.

Bei allen Vereinen und Stiftungen bleiben nunmehr die Vorstände – unabhängig von entsprechenden Satzungsregelungen – auch nach dem Ende ihrer Amtszeit im Amt, bis ein Nachfolger gewählt worden ist oder sie explizit abberufen worden sind.

 

Vereine und Stiftungen

Auch für Vereine gibt es Erleichterungen für die Durchführung von Mitgliederversammlungen. So kann auch bei diesen der Vorstand ohne entsprechende Satzungsgrundlage ermöglichen, dass Mitglieder ohne Anwesenheit an Mitgliederversammlungen teilnehmen und über elektronische Medien ihre Rechte ausüben, also insbesondere ihre Stimme abgeben. Darüber hinaus ist es nun zulässig, dass Mitglieder ohne Teilnahme an der Versammlung ihre Stimmen vor dieser schriftlich abgeben. Schließlich können Beschlüsse auch gänzlich im schriftlichen Verfahren gefasst werden, wenn alle Mitglieder an der Beschlussfassung beteiligt werden und mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme in Textform abgeben oder der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wird.

 

Umwandlungsrecht

Im Umwandlungsrecht hat der Gesetzgeber die bestehende Frist, wonach die Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Umwandlungsmaßnahme zum Handelsregister liegenden Stichtag aufgestellt worden sein muss, also den Zeitpunkt, auf den eine rückwirkende Umwandlung längstens möglich ist, auf zwölf Monate verlängert. Auch hier ist es das Anliegen des Gesetzgebers um Umwandlungsmaßnahmen nicht an derzeit nicht möglichen oder angezeigten Gesellschafterversammlungen scheitern zu lassen. Unabhängig hiervon gibt die Verlängerung der Frist die Gelegenheit, zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten und nicht in der aktuellen Situation über die Durchführung von Umwandlungsmaßnahmen zu entscheiden. Allerdings besteht enthält die Gesetzesänderung nur Regelungen zur zivilrechtlichen Frist im Umwandlungsgesetz selbst, nicht aber bezüglich des in steuerlicher Hinsicht zulässigen rückwirkenden Umwandlungsstichtag.

 

Zuständige Anwälte

Zu allen Fragen im Gesellschaft- und Umwandlungsrecht kontaktieren Sie bitte unsere Kollegen

Dr. Jan Delphendahl

Dr. Johannes Reschke

Dr. Klaas Ziervogel

 

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